Flutwohnung zeigt Folgen von Wetterextremen
8. Juni 2024
Das Sofa ist voller Schlamm, das Klavier sichtbar von Wasser ruiniert und im ramponierten Bett kann niemand mehr liegen: Diese und weitere Möbel bilden die sogenannte „Flutwohnung“, die das Klimahaus Bremerhaven in Kooperation mit Greenpeace auf der Havenplaza vom 12. Juni bis in den Oktober 2024 hinein zeigt. Die Umweltschutzorganisation hat für diese Aktion Möbel von Bewohnern aus dem deutschen Ahrtal und der italienischen Region Emilia Romagna geschenkt bekommen, die bei den Hochwassern 2021 und 2023 in Mitleidenschaft gezogen wurden.
„Die ungewöhnliche und ergreifende Ausstellung verdeutlicht nachdrücklich die zerstörerische Kraft von Hochwasser. Hochwasser ist eines der Wetterextreme, die immer häufiger vorkommen und als Folge der Klimakrise anzusehen sind. Sie mahnen uns, Klimaschutz aktiv eher heute als morgen zu betreiben“, begründet Ingrid Hayen, Geschäftsführerin Klimahaus Bremerhaven das Engagement. In der weltweit einmaligen Wissens- und Erlebniswelt zum Thema Klima, Klimawandel und Wetter ist ab Anfang Oktober 2024 der neue Ausstellungsbereich „Wetterextreme“ zu erleben.
Wohn- und Schlafzimmer sowie Küche bilden die 38 Quadratmeter große „Flutwohnung“, die kostenfrei zu den Öffnungszeiten der Havenplaza – täglich von 7 bis 22 Uhr – angeschaut werden kann. Auf Texttafeln schildern die ehemaligen Besitzer der Möbel ihre Erfahrungen mit der Flutkatastrophe. Deutlich wird: Die Menschen, die an diesem Tisch gesessen, am Klavier gespielt oder im Bett geschlafen haben, haben nicht damit gerechnet, zu Geschädigten der Klimakrise zu werden. 135 Todesopfer hat die Flut-Katastrophe im Ahrtal im Juli 2021 gefordert, 13 Tote gab es in der Emilia-Romagna zu beklagen.
Die Installation zeigt auch: Wetterextreme sind keine abstrakten Bedrohungen, sondern sie sind real und nah. Die neue Dauerausstellung Wetterextreme wird das Erlebnis „Flutwohnung“ für die Besucher einerseits noch greifbarer machen und zudem die weltweite Vorreiterrolle des Klimahauses Bremerhaven in der Darstellung des Klimawandels stärken und weiter ausbauen.
Bundesingenieurkammern plädieren für Schwammstädte
„Drei Jahre nach der Katastrophe im Ahrtal scheinen viele der guten Vorsätze von damals für eine geänderte Siedlungsentwicklung bereits wieder vergessen zu sein. Dabei werden wir künftig wohl viel häufiger mit Hochwasser konfrontiert sein“, sagt auch Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, Experte für Katastrophenschutz und baulichen Objektschutz und Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. „Die Folgen können wir nur dann abmildern, wenn wir endlich anders planen und bauen. Wir müssen der Realität ins Auge blicken: Manche Ortschaften, die früher kein Hochwassergebiet waren, sind es nun. Will man diese Siedlungen nicht aufgeben, müssen nicht nur die Häuser, sondern vor allem die komplette Siedlung baulich verändert werden. Das Schwammstadtprinzip ist hier einer der wichtigsten Wege.“
Vor diesem Hintergrund bekräftigen die Ingenieurkammern zentrale Handlungsempfehlungen, um besser auf die zunehmenden Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein:
- Hochwasserschutz gehört als Vorsorgemaßnahme in die Bauleitplanung. Einflüsse des Klimawandels müssen bei der Ausweisung von Baugebieten und ausreichenden Retentionsflächen berücksichtigt werden. Eine Überprüfung bestehender Bebauungspläne ist erforderlich.
- Strukturen aufbauen: Hochwasserschutz muss systematisch und interdisziplinär gedacht werden. Dafür braucht es Fachwissen aus vielen Bereichen. Expertinnen und Experten sowie gesellschaftlich relevante Gruppen müssen an einen Tisch geholt werden. Zuständige Ministerien für Bau, Umwelt und Landwirtschaft müssen enger zusammenarbeiten und Hochwasserschutz als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen begreifen.
- Das “AWA-Prinzip” – Ausweichen, Widerstehen, Anpassen: Ausweichen, indem in wassersensiblen Gebieten gar nicht erst gebaut oder zumindest auf einen Keller verzichtet wird. Ist ein Ausweichen nicht möglich, kann man den Widerstand gegen Hochwasser erhöhen wie zum Beispiel Keller druckdicht verschließbar planen. Die Strategie des Anpassens trägt zur Schadensminimierung bei. So kann beispielsweise auf Tanks im Keller verzichtet werden.
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