Von der Quelle zur Senke: Schweizer Unternehmen speichert Kohlendioxid in Beton
4. November 2024
Die Reduktion von CO2-Emissionen steht auf der Tagesordnung. Doch was passiert mit bereits ausgestoßenem Kohlendioxid? Das Team von Neustark hat einen Weg gefunden, wie es wieder gebunden werden kann – und zwar in Beton. Das 2019 gegründete Unternehmen aus Bern hat ein Verfahren entwickelt, um Kohlendioxid aus Klär- und Biogasanlagen in recycelten Gesteinskörnungen zu speichern. Der Vorteil: Der Baustoff Beton, der bei seiner Herstellung große Mengen CO2 ausstößt, kann so zu einer CO2-Senke werden.
Die Arbeit von Neustark ist in das von der ETH Zürich geleitete Vorhaben „DemoUpCARMA“ eingebunden. Zu den 24 Partnern aus Industrie und Forschung zählen etwa Paul Scherrer Institut und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Die Entwickler*innen setzten bei der Karbonatisierung an: Das im Beton enthaltene Calciumhydroxid reagiert über Jahre hinweg mit Kohlendioxid. Dabei bindet er das Gas und es entsteht Kalkstein. Neustark hat es geschafft, die CO2-Aufnahme kontrolliert zu beschleunigen. 2022 gelang es, das Verfahren erstmals im industriellen Maßstab anzuwenden.
Mithilfe einer mobilen Infrastruktur kann das zuvor verflüssigte und so einfacher zu transportierende CO2 in recycelte Gesteinskörnungen eingebracht wird. Dabei wird die Körnung in einer Mineralisierungsanlage mit CO2 „begast“ und so dauerhaft gespeichert. Anschließend kann daraus etwa Recyclingbeton hergestellt werden. Laut eines DemoUpCARMA-Berichts könne jede Tonne rezyklierter Gesteinskörnung rund 13 Kilogramm CO2 binden. Labortests der Empa zeigten zudem gezeigt, dass der karbonisierte Beton eine höhere Druckfestigkeit aufweise als Primärbeton. Dies könnte den Zementanteil und die damit verbundenen Emissionen um bis zu 10 % reduzieren, so Neustark.
Das Unternehmen arbeitet an der Skalierung seines Verfahrens und testet, wie es sich in großem Maßstab in Betonwerken umsetzen lässt. In Bern und Berlin ist Neustark bereits an umfassenden Bauprojekten beteiligt. Allerdings muss beobachtet werden, wie sich die Karbonatisierung der Recycling-Granulate über die kommenden Jahrzehnte hinweg auswirkt. Derweil führt das Paul Scherrer Institut Lebenszyklus-Analysen durch sowie eine Bilanzierung der ökologischen Vorteile und negativen Auswirkungen der CO2-Speicherung im Beton.