Kreislauffähiges Mauerwerk wird massentauglich
4. April 2025

Foto: Bauhaus Filmwerkstat
Ein großer Erfolg für das zirkuläre Bauen: Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat der Girnghuber GmbH erstmals die allgemeine Bauartgenehmigung für tragendes Lehmsteinmauerwerk im Dünnbettverfahren erteilt. Gleichzeitig erhielt der GIMA-Lehmhochlochziegel die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung gemäß DIN 18945 (Z-17.6-1306). Damit ist der Lehmziegel in Verbindung mit dem ClayTec Lehm-Dünnbettmörtel gemäß DIN 18940 für sämtliche Gebäude der Gebäudeklasse 4 uneingeschränkt nutzbar und kann ebenso effizient verarbeitet werden wie herkömmliche Plansteine.
Ein massentauglicher, industriell herstellbarer und somit bezahlbarer Baustoff wurde entwickelt, der als reines Naturprodukt aus 100 Prozent Lehm höchsten Nachhaltigkeitsanforderungen entspricht, freut sich Simon Irlbeck, der als Leiter der Bautechnik maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war.
Tragendes Lehmsteinmauerwerk (DIN 18940)
Bauen mit Lehm gilt als eine der ressourcenschonendsten und energieeffizientesten Bauweisen. Mit der DIN 18940, die 2023 in Kraft trat, wurde erstmals eine normierte Grundlage für tragendes Lehmsteinmauerwerk bis zu vier Geschossen geschaffen. Bislang war das Mauern mit kleinformatigen Lehmsteinen nur im zeitaufwendigen Dickbettmörtelverfahren zugelassen. Dank der neuen Bauartgenehmigung ist nun auch das tragende Mauern mit großformatigen Lehmsteinen im Dünnbettverfahren offiziell möglich.
Mehr als ein Drittel der kostenintensiven Arbeitszeit gegenüber dem Mauern mit Lehmsteinen im Dickbettmörtelverfahren kann dadurch eingespart werden. Dies macht Mauerwerk aus Lehm wirtschaftlich konkurrenzfähig und beweist, dass Lehmbaustoffe heute als praxisgerechte Industrieprodukte auf Augenhöhe mit konventionellen Materialien stehen können, sagt Maximilian Breidenbach, Leiter des Geschäftsbereichs Produktion & Unternehmensentwicklung bei ClayTec.
Wohngesund, nachhaltig, vollständig recycelbar
Lehm besteht aus Ton, Kies, Sand und Schluff und lässt sich mit dem passenden Anteil an Wasser als plastische Masse leicht verarbeiten. Als Baustoff erfüllt er höchste ökologische und baubiologische Anforderungen: Er ist regional verfügbar, schont Ressourcen und kann vollständig recycelt werden. Zudem benötigt Lehm bei der Herstellung wenig Energie, da er nicht gebrannt werden muss. Ein weiterer Vorteil von Lehm ist seine positive Wirkung auf das Raumklima. Er gibt keine Schadstoffe ab und reguliert durch Aufnahme und Abgabe von Wasserdampf auf natürliche Weise die Luftfeuchtigkeit. Darüber hinaus bietet er durch seine Masse eine hervorragende Schalldämmung und speichert Wärme besonders gut.
CO2-neutrale Produktion der Lehmziegel
Bei der Formgebung der Lehmhochlochziegel wird sich an den üblichen Mauerziegel-Formaten orientiert, sodass zur Herstellung die bestehenden Produktionsstraßen der Mauerziegelproduktion genutzt werden können. Nach der Formgebung trocknen Lehmziegel bei etwa 80°C in den Trockenkammern, der nachfolgende Brennprozess entfällt gänzlich. So kann der Energiebedarf für alle Produktionsschritte durch den Strom aus unternehmenseigenen Photovoltaikanlagen sowie durch anlageninterne Wärmerückgewinnung gedeckt werden.
Lehmziegel-Formate
Die GIMA-Lehmhochlochziegel erfüllen die Anforderungen der Druckfestigkeitsklasse 5 und können sowohl für tragende als auch nichttragende Wände verwendet werden. Dank herkömmlicher Mauerziegel-Formate lassen sie sich effizient und schnell verarbeiten. Für nichttragende Innenwände stehen die Lehmziegel LZ11 und LZ17 mit Breiten von 115 und 175 Millimetern zur Verfügung. Für tragende Innenwände und Außenwände sind Formate mit Breiten von 240, 300 oder 365 Millimetern verfügbar.
Lehm-Dünnbettmörtel
Der prämierte Lehm-Dünnbettmörtel, eine Innovation aus dem Hause ClayTec, besteht aus Baulehm, anderen mineralischen Primärrohstoffen und Pflanzenfasern, die gemahlen und gemischt werden. Im Herstellungsprozess wird nur ein Bruchteil der Energie von zementhaltigen Mörteln benötigt. Dank seiner Löslichkeit lässt sich einmal verklebtes Mauerwerk rückstandslos wieder trennen. Das Produkt kann wie jeder konventionelle Dünnbettmörtel verarbeitet werden: Die Trockenmasse wird mit Wasser angerührt und dann mit üblichen Dünnbett-Mörtelschlitten, -Mörtelrollen oder -Auftragswalzen in 2 Millimeter Stärke aufgetragen. Die Fugen härten allein durch Trocknung aus.
Wandaufbau und Verarbeitung
Für Außenwände wird eine zweischalige Wandkonstruktion empfohlen. So kann der Lehmziegel seine Vorteile für das Raumklima ausspielen und ist langfristig vor äußeren Umwelteinflüssen geschützt. Eine verbundfreie Wandmontage ermöglicht eine vollständige Rückbaubarkeit: Außen schützt eine Vorhangfassade die Lehmziegel, die mit Lehm-Dünnbettmörtel verklebt sind. Innen vervollständigt ein Lehmputz den zirkulären Wandaufbau, sodass alle Materialien nach Ende der Gebäudelebenszeit sortenrein getrennt und wiederverwertet werden können. Auch für die Gesundheit von Verarbeitern bringt der Lehmbau Vorteile.

Foto: ClayTec
Für das ausführende Unternehmen sei die Arbeit mit naturbelassenen Materialien wie Lehmziegel, Lehmkleber und Lehmputz gesünder als die mit teilweise hochchemischen Baustoffen, erklärt Daniel Neuer, Bauunternehmer des Pilotprojekts GreenConceptLehm in Meißen, bei dem GIMA-Lehmhochlochziegel verbaut wurden.
Kreislaufwirtschaft
Lehmziegel lassen sich bei Verwendung von Lehmmörtel und Lehmputz vollständig in den Rohstoffkreislauf zurückführen. Auch Bruch kann jederzeit wiederverwertet werden. So können aus dem Material alter Lehmwände neue Lehmziegel produziert werden, wodurch der Abbau weiterer Rohstoffe vermieden wird. Ist eine Lehmgrube nicht mehr ergiebig oder die Qualität des Lehms nicht mehr ausreichend, wird umgehend mit der Renaturierung des Gebiets begonnen. Als Vorteil des Lehmziegels wird hervorgehoben, dass er ein nachhaltiger Baustoff ist, der am Ende des Lebenszyklus in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden kann. Das gesunde Wohnen und die natürliche Regulierung des Raumklimas seien weitere Pluspunkte. In einem Lehmhaus lebe es sich angenehmer als in anderen Gebäuden, erklärt Prof. Dr. Wolfram Jäger, Initiator des Pilotprojektes GreenConceptLehm und ehemaliger Professor für Tragwerksplanung an der TU Dresden.