CO2-Reality-Check: Greenwashing oder echte Nachhaltigkeit?
4. Dezember 2024
Von Maximilian Ludwig
Alle wollen grün sein. Viele Unternehmen der Baubranche sehen sich mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert. Um Möglichkeiten, die Vorbehalte zu überprüfen, ging es im Workshop des Verbands für Bauen im Bestand auf dem 3. Klimafestival in Berlin. Claudia Bergmann (Berlin Hyp), Sascha Zander (Zanderroth), Kim Le Roux (LXSY Architekten) und Benedikt Scholler (LIST Eco) waren eingeladen, ihre Ansätze vorzustellen.
Umweltbewusstsein ist wertvoll – nicht nur für unseren Planeten, sondern auch fürs Geschäft. Mit einem grünen Image lassen sich neben Kund*innen auch Fördergeber und Banken gewinnen. Irreführende Produktdarstellungen und Absichtserklärungen sollen den Anschein erwecken, dass sich das Unternehmen verändert und nachhaltiger handelt – obwohl in Wirklichkeit das meiste beim Alten geblieben ist. In diesen Fällen spricht man von Greenwashing. Wo Greenwashing beginnt, darum ging es – entgegen der Ankündigung – leider nicht in dem Workshop. Stattdessen wurde aber darüber gesprochen, wie sich Nachhaltigkeitskriterien quantifizieren und überwachen lassen. „Daten sind belastbar“, sagte Anastasija Radke vom Verband für Bauen im Bestand dazu in der einleitenden Keynote. Das nachfolgende Panel moderierte ihre Kollegin Sarah Dungs.
Zwei Positionen wurden in der Diskussion besonders deutlich. Architekt Sascha Zander forderte mehr, schneller und günstiger zu bauen. In Hinblick auf aktuelle Bauantragsverfahren mahnte er: „Wir sollten aufhören so viele Regeln zu erfinden.“ Seiner Neubauforderung setzte Kim Le Roux die Beschäftigung mit dem Bestand entgegen. Die Architektin hob hervor, dass die rechtlichen Vorgaben und Nachweispflichten auch Anreize schaffen, das eigene Handeln zu hinterfragen und sich für ressourcen- und klimaschonendere Bauprodukte zu entscheiden. Zugleich plädierte sie für eine ausgiebigere, digitalisierte Bestandserfassung und für die Durchführung von Lebenszyklusanalysen bei einzelnen Bauteilen. Ob allerdings der von ihr vorgeschlagenen Vergleich der CO2-Werte pro Quadratmeter für eine fundierte Einschätzung ausreicht, wurde nicht diskutiert.
Für eine weitgehende Erfassung des Bestands sprach sich auch die Bankerin Claudia Bergemann aus. Ihr fehlt in Deutschland eine umfassende Gebäudedatenbank. Außerdem wünschte sie sich digitale Gebäudepässe, die nicht nur Angaben zu Substanz, sondern auch zur Energie- und Wasserversorgung enthielten. Benedikt Scholler, der Bauherr*innen zu Nachhaltigkeitskonzepten und Gebäudezertifizierungen berät, betonte die Bedeutung von BIM-Modellen für das Vergleichen von Nachhaltigkeits-Kennzahlen. Gerade als er die Green Claims Directive (GCD) erwähnt hatte, ergriffen die beiden Moderatorinnen das Schlusswort. Dabei passt die erst im Frühling 2024 in Kraft getretene EU-Richtlinie genau zum Thema: Sie soll nämlich Greenwashing in der Werbung bekämpfen und verlässliche Umweltinformationen fördern. Das beinhaltet auch öffentlich zugängliche Kriterien für Produktsiegel – ein weiterer Geschäftsbereich, in dem viel Geld mit Greenwashing verdient wird. Ob das hilft? Beim nächsten Klimafestival ist es Gelegenheit, Bilanz zu ziehen.