Heizungsstreit: Bündnis fordert soziale Wärmewende
16. Juni 2023
Ein breites Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden fordert Nachbesserungen an dem Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), auf den sich die Ampel-Koalition in Berlin verständigt hat. Die Organisationen kritisieren, dass die aktuellen Pläne weder die Bürger*innen beim Umstieg auf klimafreundliches Heizen sozial absichern noch echten Klimaschutz gewährleisten würden. Mit einer Protest-Aktion vor dem Reichstagsgebäude bekräftigten sie ihre Forderungen.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: „Die Ampel bleibt weiter konkrete Antworten zur sozialen Ausgestaltung schuldig. Für eine soziale Wärmewende braucht es jetzt zügig eine verbindliche Einigung auf einen umfassenden Schutz vor höheren Kosten für die Mieter. Dafür muss die Modernisierungsumlage grundlegend reformiert werden. Wer ein Haus besitzt, aber wenig Geld hat, muss zielgerichtet nach Einkommen und Vermögen unterstützt werden.”
Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident: „Dass dieser derart verwässerte Gesetzentwurf als Erfolg verkauft wird, grenzt schon fast an Realitätsverweigerung. Besonders die weitere Verbrennung von Holz sehen wir sowohl aus Klima- und Biodiversitätsschutz extrem kritisch. Die Begriffe ‘Technologieoffenheit’ und ‘H2-Readyness’ sind leider nichts anderes als Codes für ‘weiter so’. Wir wissen nicht, wann so viel grüner Wasserstoff verfügbar ist, wie alle hoffen. Bei jetzt billigen Gasheizungen drohen durch Kostenanstiege bei CO2-Zertifikaten unkalkulierbare Preissteigerungen. Im Sinne der Wirksamkeit des GEG bleibt nur zu hoffen, dass auch diesmal das Strucksche Gesetz gilt: Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.”
Christoph Bautz, Campact-Geschäftsführer: „Das Heizungsgesetz droht jetzt im Bundestag für die Profitinteressen der Gaslobby völlig ausgehöhlt zu werden. Leidtragende sind das Klima und die Verbraucher*innen, für die neue Gasheizungen schnell zur Kostenfalle werden. Die Ampel-Fraktionen müssen jetzt dafür sorgen, dass die Wärmewende nicht um Jahre verzögrt wird und für Gasheizungen mit dem völlig unrealistischen Versprechen von grünem Wasserstoff ein riesiges Schlupfloch entsteht. Zudem muss das Gesetz endlich mit einer sozial gerechten Förderung unterlegt sein, die sich am Einkommen orientiert.”
Michaela Engelmeier, SoVD-Vorstandsvorsitzende: „Die Folgen des Klimawandels sind für Menschen mit geringem Einkommen, Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder für Ältere viel stärker als für andere. Wir brauchen einen tiefgreifenden Wandel. ABER: Auf das ‚Wie‘ kommt es an! Die Maßnahmen der Koalition lösen bei vielen Ängste und Sorgen aus. Ängste vor dem Verlust der Wohnung oder des Arbeitsplatzes. Sorgen vor steigenden Preisen und vor dem Verlust der Mobilität auf dem Land wegen des Auslaufens von Autos mit Verbrennermotoren bei schlecht ausgebautem ÖPNV. Dem muss mit sozialem Ausgleich und Sicherheitsgarantien des Staates begegnet werden, damit alle notwendigen Klimaschutzmaßnahmen sozial so flankiert werden, dass alle Menschen am umweltbewussten Leben teilhaben können. Denn Klimaschutz darf kein elitärer Luxus sein.“
Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Das Heizungsgesetz ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Es ist weichgespült, wird viel zu spät wirksam und ist in vielen Punkten unklar. Das ursprüngliche Ziel, ab 1. Januar 2024 möglichst jede neue Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien zu betreiben, wird verfehlt. Die getroffenen Vereinbarungen öffnen Tür und Tor für den Weiterbetrieb von Gasheizungen bis 2045. Die FDP wird damit zum parlamentarischen Sprachrohr der Gas-Lobby – Mensch und Umwelt wird das teuer zu stehen kommen.“
Die beteiligten Verbände fordern Nachbesserungen, „damit der Gebäudesektor die Klimaziele nicht erneut verfehlt“, wie es in der gemeinsamen Stellungnahme heißt. Dem Einsatz von sogenannten „H2-ready”-Heizungen müsse eine klare Absage erteilt werden. Obwohl hinlänglich bekannt sei, dass bei der Verbrennung von Holz langsam gespeichertes CO2 plötzlich freigesetzt werde, würden die Ampelparteien die Augen vor der Klimaschädlichkeit dieser Verbrennungstechnologie verschließen und sinnvolle Einschränkungen wie die Koppelungsvorgabe an Solaranlagen abschaffen. Mieter*innen müssten davor geschützt werden, dass die Umbaukosten über die Modernisierungsumlage an sie weitergegeben werden. Auch Eigentümer*innen bräuchten in Abhängigkeit von ihrer finanziellen Lage eine zielgerichtete Unterstützung.
„Es ist jetzt an den Abgeordneten des Bundestages, das Gesetz im parlamentarischen Prozess so zu verändern, dass es einen echten Hebel für den sozialen Klimaschutz darstellt“, so die Organisationen in ihrer gemeinsamen Mitteilung.
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