Interview: Gebrauchte Möbel für den Klimaschutz
21. April 2024
Die Fragen stellte Andrea Hackenberg
Das Sozialunternehmen WeiterGebenOrg sucht für gebrauchte Möbelstücke eine Alternative zum Sperrmüll. Dabei geht es v.a. um Tische, Schränke und Stühle aus dem gewerblichen oder öffentlichen Bereich. Aktuell sind 350 ausrangierte Schulmöbel aus Österreich auf der Suche nach neuen Besitzern. Koordinator Harald Prokscha erklärt im Interview, wie das Klima von der Initiative profitiert.
Herr Prokscha, worin liegt die größte Herausforderung beim Weitervermitteln gebrauchter Möbelstücke?
Harald Prokscha: Die Suche nach einem Abnehmer ist vielleicht noch das einfachste. Was es kompliziert macht, sind die vielschichtigen Wünsche der Abgeber mit den unterschiedlichsten Wünschen der Abnehmer in Einklang zu bringen. Die Organisation der Möbelabholung erweist sich deshalb oft als komplexes Puzzle. Wenn beispielsweise der Lieferant für die neuen Möbel ankündigt, dass die Lieferung bereits vier Wochen früher erfolgen wird als ursprünglich geplant, muss die Logistik umgehend und kurzfristig angepasst werden, häufig mit höheren Kosten.
Wie viele Möbel vermitteln Sie durchschnittlich pro Jahr?
Prokscha: Bislang sind wir bei 10.000 bis 20.000, fixieren aber als Ziel von einer Million Möbelstücke jährlich an.
Wer ist Ihre Kernzielgruppe?
Prokscha: Firmen, Behörden, Kommunen und Konzerne mit gewerblichen Gegenständen von 5 bis 5.000 Möbelstücke.
Wie wirkt sich die Weiternutzung von Möbelstücken auf die Umweltbilanz aus?
Prokscha: Sehr positiv. Wir gehen von über 90 Prozent CO2-Einsparung aus, da nur noch ein kurzer Transportweg und manchmal die Reparatur von Einzelteilen notwendig sind. Im Gegensatz dazu wäre die Herstellung neuer Möbel energieintensiver und führt zum Abbau von Rohstoffen und zur Freisetzung entsprechender Emissionen. Wenn Möbel wiederverwendet werden, trägt das dazu bei, diese negativen Auswirkungen deutlich zu verringern. Das unterstützt eine nachhaltigere Umwelt – ein wichtiger Schritt in Richtung eines umweltbewussteren Konsums und einer Kreislaufwirtschaft.
Vor kurzem ist es WeiterGebenOrg gelungen, 69 hochwertige Holztische vor Sperrmüll und Verbrennung zu retten. Warum war es so schwierig, für diese Möbelstücke neue Besitzer zu finden?
Prokscha: Ja, das war eines der schwierigsten Projekte, an die ich mich überhaupt in den letzten Jahren erinnern kann. Vielleicht liegt es am schlechten Image von Vollholztischen, die als alte, schwere und klobige Kästen gelten. Die Holztische vom letzten März in NRW waren genau das Gegenteil und echte Perlen: nachhaltig zertifiziertes Holz, modern und in der Höhe einstellbar.
Wie haben Sie die Tische schließlich untergebracht?
Prokscha: Vier Monate lang hat sich gar niemand für dieses Angebot interessiert und erst in der Woche vor der Räumung hatten wir dann einen überwältigenden Ansturm von über 100 Interessenten. Unter diesen haben wir nach lokalen und sozialen Aspekten 15 Abholer ausgewählt. Darunter waren Privatpersonen, Firmen, Vereine und Bildungseinrichtungen.
An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell?
Prokscha: Wir haben von einer österreichischen Schule gerade noch 350 Schulmöbel für die wir Abnehmer suchen. Für ein Hotel und einen bundesweiten Filialisten arbeiten wir gerade an einem ReUse-Konzept und kürzlich kam in einem Gespräch mit einem deutschen Konzern die Frage auf, ob WeiterGebenOrg nicht als outgesourcte Abteilung sich um die Koordinierung übriger Konzernmöbel kümmern könnte.
Was sollten Firmen, Vereine oder Verbände über die Dienstleistung von WeiterGebenOrg wissen?
Prokscha: Für Besitzer, die eine nachhaltige und kostengünstige Alternative zur Sperrmüllentsorgung suchen, bietet die WeiterGebenOrg mehrere Möglichkeiten Möbel in den Kreislauf zu bringen. Optional wird ein ReUse-Zertifikat ausgestellt. Käufer, die an Gebrauchtmöbeln interessiert sind, können sich auf der Website von WeiterGebenOrg über die Verfügbarkeit und Abholorte informieren. Bei der Wahl der Abnehmer favorisiert WeiterGebenOrg lokale Interessenten und gemeinnützige Vereine und Einrichtungen.
WeiterGebenOrg ist Mitglied der deutschen Material-Initiative und ebenfalls assoziiert im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V.
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